Donnerstag, 11. Juli 2019

Im Garten Numen von Erik R. Andara


Ein turbulenter Ausflug in die Welt der „Weird Fiction“

Das Mädchen Katharina verschwindet unter mysteriösen Umständen aus einer kirchlichen Therapieeinrichtung für Suchtkranke im österreichischen Waldviertel. Katharina ist die Tochter von Simon Heymann, der, nachdem von seiner Tochter nach wie vor jede Spur fehlt, selbst ins Waldviertel reist, um vor Ort die Suche auf eigene Faust fortzusetzen. In einem einsam gelegenen Dorf muss Simon Wege beschreiten, die ihn mit seiner dunklen Vergangenheit konfrontieren und ihn zurück in die Finsternis katapultieren…

Erik R. Andara, ein Autor, der mir bis vor Kurzem völlig unbekannt war. Eine Gastrezension auf meinem Blog, die Andaras Erzählungen „Am Fuße des Leuchtturms ist es dunkel“ genauer unter die Lupe nimmt, hat mich neugierig gemacht. Die Gelegenheit, seinen Debüt-Roman „Im Garten Numen“ lesen zu dürfen, habe ich mir daher nicht entgehen lassen. Mit „Weird Fiction“ eröffnete sich mir ein völlig unbekanntes Genre, dementsprechend turbulent war auch unser erstes Zusammentreffen.

Erik R. Andara wurde 1977 in der Nähe des Dunkelsteinerwalds geboren und wuchs in einer kleinen Klause am Waldrand auf. Er schreibt vor allem düstere Phantastik, illustriert Buch- sowie Magazincover und zeichnet hin und wieder auch Comics.

Die Story beginnt harmlos. Simon reist auf der Suche nach seiner Tochter in das abgelegene, verschlafen und verlassen wirkende Fugenschlag. Vor Ort erhofft er sich Hilfe, von den Dorfbewohnern, aber vor allem von der christlich geführten Leitung des Therapiezentrums. Doch die Menschen erweisen sich allesamt als äußerst seltsam und mysteriös, zudem geschehen seltsame, rätselhafte Dinge und nichts ist so, wie es auf den ersten Blick erscheint.

Der Leser erlebt das Geschehen aus Simons Sicht, begleitet ihn auf seiner scheinbar aussichtslosen Suche, erlebt mit ihm die teils unheimlichen Begegnungen mit den Menschen vor Ort, die allesamt ein Geheimnis zu verbergen scheinen und auf seinen Streifzügen durch die einsame Gegend. Genau wie Simon stolpert man durch die Story, wird konfrontiert mit der Vergangenheit wie auch mit zahlreichen Sackgassen und Wendungen und weiß nie, was ist real, was Fantasie oder Halluzination. Was will Erik mir sagen, auf welch schräge Reise will er mich hier schicken? Gedanken, die mich während dem Lesen permanent begleitet haben. Fragen, die sich teilweise in dem wie ich finde stimmigen und gelungenen Abschluss aufklären.

Andara erzählt die Geschichte mit schöner Sprache, klar und schnörkellos. Er vermag es, eine ganz eigene Stimmung zu vermitteln, die teils unheimlich anmutende Szenerie ist atmosphärisch sehr dicht und unglaublich bildhaft, Fugenschlag und das Waldviertel wirken unheimlich, mystisch und irgendwie surreal.

Wirklich gestört hat mich das „Geschnacksel“ - wie sich vermutlich meine liebe Bücherfreundin aus Wien ausdrücken würde -  zwischen Simon und einer Frau, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte. Diese und noch einige andere Szenen oder Handlungen, passen für mich einfach nicht in diese mysteriöse und skurrile Story, weil sie aus dem Nichts kommen und nicht zur Handlung beitragen. Unnötiges und – leider für mich – keinesfalls schmückendes Beiwerk.

Die Charaktere die Erik Andara zum Leben erweckt hat, sind durchweg keine Sympathieträger. Jeder hat in irgendeiner Weise etwas zu verbergen oder verfolgt strikt seine eigenen, teils düsteren, berechnenden Pläne. Allen voran Simon, der auf seinem ganz persönlichen, bizzaren Trip reitet und mit dessen schwieriger Persönlichkeit ich nicht warm werden konnte, der als Hauptprotagonist aber dennoch die Story perfekt ergänzt.


„Im Garten Numen“ zu lesen, war für mich wie eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Unglauben, Faszination, völlige Verständnislosigkeit und absolute Wow-Momente, all das hatte das Buch für mich zu bieten. Als absoluter „Weird Fiction“ Neuling hat mir nicht alles gefallen, aber Erik R. Andaras besondere Art zu erzählen und zu schreiben hat mich sehr beeindruckt und überzeugt. Ein Buch, das bei mir definitiv die Lust auf mehr Geschichten aus diesem besonderen Genre geweckt hat. Auf jeden Fall werde ich mir ganz bald auch die Kurzgeschichten und Erzählungen von Erik zu Gemüte führen. 



Buchtitel: Im Garten Numen


4 Kommentare:

  1. Hallo,

    das klingt interessant, aber das Geschnacksel klingt bedenklich, auch wenn ich gar nicht weiß, worum es da geht! ;-)

    Aus dem Genre habe ich noch nichts gelesen – am nächsten ran gekommen bin ich wahrscheinlich, als ich "Scharnow" von Bela B gelesen habe. (Oder ist das vielleicht sogar Weird Fiction?)

    LG,
    Mikka
    [ Mikka liest von A bis Z ]

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    1. Liebe Mikka, danke für Deinen Besuch. Geschnacksel ist naja eine erotische Szene ;-) Ich kenne "Scharnow" nicht und kann Dir deshalb die Frage nicht wirklich beantworten. Ich denke aber, da gibt es schon noch einen Unterschied.

      Liebe Grüße
      kerstin

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  2. Die Achterbahn habe ich soeben selbst erlebt, Kerstin.
    Hier gibt es Zeilen, die mich so unglaublich neugierig machen, wozu auch die Infos zum Autor gehören. Und dann dachte ich wieder: `klingt nicht wie für mich´. Sollte mir das Buch unterkommen, lese ich gern rein. Auf den Wunschzettel schafft es dies jedoch nicht.
    Liebste Grüße und alle lieben Wünsche für ein entspanntes Wochenende, Hibi

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  3. Hallo liebe Hibi,

    jaaa, dieses Buch ist sehr speziell :-) Ich bin deswegen auch so gespannt auf die Kurzgeschichten und Erzählungen von Erik!

    Liebe Grüße und eine gute Woche
    Kerstin

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