Die junge Dienstmagd Grace Marks wird in Toronto des Doppelmordes beschuldigt. Die 16jährige soll ihren Dienstherren sowie das Dienstmädchen Nancy Montgomery umgebracht haben. Ihr Schicksal scheint besiegelt, denn für Mord steht die Todesstrafe. In letzter Minute wandelt das Gericht das Urteil jedoch in eine lebenslange Haftstrafe um. Der Doppelmord ist in aller Munde und Grace Geschichte spaltet die Gesellschaft. Kaltblütige Mörderin? Wahnsinnige Irre? Unschuldiges Mädchen?
Im Haushalt des Gefängnisdirektors begegnet Grace schließlich dem jungen Arzt Simon Jordan der eine moderne Nervenheilanstalt gründen will und dem sie ihre Geschichte erzählt….
Atwood erzählt abwechselnd aus der Sicht des jungen Nervenarztes Simon Jordan, der die Errichtung einer modernen Nervenanstalt plant und der sich durch Grace und ihre Geschichte die notwendige Popularität erwartet und aus dem Blickwinkel der Verurteilten, die Einsicht in ihr Leben bis hin zu dem verhängnisvollen Tag der Morde gewährt. Unterbrochen bzw. ergänzt werden diese Erzählungen durch Auszüge aus Zeitungsartikeln, Gerichtsakten und diversen Briefwechseln.
Die Autorin beschreibt ein klares und facettenreiches Bild des Lebens eines Dienstmädchens im 19. Jahrhundert. Ärmlichste Verhältnisse und harte Arbeit beherrschten den Alltag einer Dienstmagd, die vielmals auch die Zudringlichkeiten ihres Dienstherren erdulden musste. Nicht selten wurden die Mädchen schwanger, ein Leben in Schmach und Schande folgte, häufig ließen die jungen Frauen die Kinder abtreiben, was sie oft genug mit ihrem Leben bezahlen mussten. Diese Erzählungen haben mich sehr bewegt und erschüttert.
Margaret Atwood hat einen schönen und wortreichen Erzähl- und Schreibstil, auch wenn ich mich zu Anfang an diesen ganz besonderen Stil erst gewöhnen musste. Einmal hineingefunden, konnte mich die Autorin sprachlich und atmosphärisch wirklich überzeugen.
Leider ziehen sich viele Kapitel und die darin enthaltenden Schilderungen unnötig in die Länge. Vor allem die diversen Briefwechsel und Auszüge aus den Gerichtsakten und diversen Gedichten fand ich persönlich sehr ermüdend, so dass ich meist nur quergelesen habe, aber auch die Ausführungen, die Grace Leben betrifft, wurden oft wiederholt und langweilten mit der Zeit. Diese Passagen zerstören leider immer wieder die schönen und fesselnden Momente im Buch.
Die historischen Hintergründe und seinerzeitigen Tatsachen scheinen mir gut recherchiert und belegt. Die Charakterisierungen der einzelnen Personen, allen voran Grace Marks, sind Margaret Atwood sehr gut gelungen, für mich war Grace nie wirklich greifbar, mal war ich von ihrer Schuld überzeugt, mal war ich sicher, dass das arme Mädchen zu Unrecht verurteilt wurde. Die Autorin bleibt ihren Lesern die Antwort um die Schuld oder Unschuld von Grace Marks jedoch schuldig.
Buchtitel: Alias Grace
Autorin: Margaret Atwood
Erscheinungsdatum Erstausgabe: 03.07.2017
Verlag: Piper
ISBN: 978-3-492-97743-2
E-Book
Sprache: Deutsch
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