Die verzweifelte Suche nach der großen Liebe - ein genreübergreifendes Kunstwerk
Nora ist weg. Ciri kennt ihre Mutter kaum und über die Umstände ihres Verschwindens weiß sie so gut wie nichts. Ihr Vater Jonas und alle anderen Personen aus ihrem Umfeld schweigen. Doch Ciri, die auf dem besten Weg ist, sich selbst zu zerstören und mit ihren eigenen Dämonen zu kämpfen hat, will endlich Antworten. Und Jonas, der nie aufgehört hat nach Nora zu suchen, bricht nach 15 Jahren endlich sein Schweigen…
Ein mir unbekannter Autor und ein Roman mit interessant klingendem Titel und einer Kurzbeschreibung die neugierig macht. Wie so oft lohnt sich ein Blick über den Wohlfühl-Genre-Tellerrand. „Asche ist furchtlos“ von dem in Berlin lebenden Autor und Kolumnist Clint Lukas, ist eine bunte Mischung aus Gegenwartsroman, Familiendrama, Liebesgeschichte und Thriller. Die komplexe Geschichte ist subtil und fesselnd und entführt mich mittenrein in die Berliner Clubszene. Dort trifft Jonas auf Nora, Drogendealerin und faszinierende Erscheinung, eine Frau, die sein weiteres Leben komplett auf den Kopf stellt. Nora wird seine große Liebe, seine Obsession.
"Und dann habe ich sie gesehen. An eine der Fensterbänke gelehnt, umringt von Männern und Frauen: das energetische Zentrum dieses scheinbar sinnlosen Wirbels. Mir wurde klar, dass nichts von dem, was ich bisher beobachtet hatte, dem Zufall entsprang. Alles war auf sie ausgerichtet. Sie war die Quelle des Nils, das sagenumwobene Südland, Terra Australis Incognita."
Erzählt wird die Story aus der Sicht von Jonas, der seiner Tochter Ciri bezüglich ihrer Mutter nach vielen Jahren endlich Rede und Antwort steht. Nicht nur die junge Frau hört ihm zu, auch ich lausche gebannt. Erfahre von Jonas Anfängen in Berlin, getrieben von großen Hoffnungen streift er durch die Stadt und wird irgendwann von seinem Freund in die Berliner Club- und Drogenszene eingeführt. Dort lernt er die unglaubliche Nora kennen, die nicht nur ihn, sondern die gesamte Szene in ihren Bann zieht.
Clint Lukas schreibt von nicht enden wollenden Partys in schummrigen Clubs unter blitzenden Stroboskoplichtern. Es geht um Drogen, menschliche Abgründe, Erpressung und Kriminalität, aber auch um Freundschaft und Zusammenhalt. Die so romantisch wie auch komplizierte Liebesgeschichte rund um Jonas und Nora ist wie die Sonne und die anderen Themen sind wie die sie umkreisenden Planeten. Alles hängt zusammen und voneinander ab. Das Ende des Buches ist gekonnt gewählt, es lässt Raum für eigene Schlüsse und Interpretationen und bildet für mich den perfekten Abschluss.
Der Schreibstil ist mitreißend, bildhaft und emotional. Ich fühle mich wie die stille Beobachterin, im diffusen Halbdunkel eines Clubs sitze ich in der Ecke und verfolge, was um mich herum passiert. Zusammen mit den Protagonisten durchlebt man eine regelrechte Achterbahn der Gefühle.
Die Figuren die der Autor gezeichnet hat sind eingängig und mit viel Tiefgang. Jonas, der eigentlich Unbedarfte, der sich unsterblich verliebt und sich in der ganzen Beziehung mit Nora und der anschließenden Suche nach ihr fast verliert. Nora war mir nicht sympathisch und irgendwie schwer zu greifen. Sie ist die Getriebene, die Rastlose, die Flatterhafte, die um Aufmerksamkeit Heischende. Ich hatte oft das Gefühl, sie spielt mit Jonas und allen Menschen um sie herum, auch wenn ihr das vielleicht gar nicht immer bewusst ist.
Ich könnte noch so viel mehr erzählen, aber will natürlich nicht zu viel verraten und habe hoffentlich ganz Viele ganz neugierig auf diesen besonderen, vielschichtigen Roman gemacht. Für mich ein kleines genreübergreifendes Kunstwerk, mit außergewöhnlichen Charakteren und einer komplexen Story. Ein kleiner, wirklich lesenswerter Geheimtipp!
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