Freitag, 14. Oktober 2022

Der Uhrmacher in der Filigree Street von Natasha Pulley

Das Geheimnis des Uhrmachers – ungewöhnlicher und facettenreicher Roman

Es ist an einem Oktoberabend im Jahr 1883, als Thaniel Steepleton, ein Angestellter im Innenministerium, in seiner Londoner Wohnung auf seinem Kopfkissen eine goldene Taschenuhr findet. Thaniel hat keine Ahnung, wer ihm die Uhr auf das Kissen gelegt hat. Er behält sie und trägt die Uhr, als sechs Monate später im Gebäude von Scotland Yard eine Bombe explodiert. Thaniel überlebt nur, weil die Taschenuhr in seiner Jackentasche plötzlich einen schrillen Alarmton von sich gibt. Weil er letztlich der Uhr sein Leben verdankt, beschließt Steepleton, ihrern Schöpfer zu finden. In der Filigree Street begegnet Thaniel dann zum ersten Mal dem Uhrmacher Keita Mori, ein freundlicher aber einsamer Mann aus Japan. Doch Mori, der auf den ersten Blick harmlos erscheint, hütet nicht nur ein Geheimnis…

Natasha Pulley hat mit ihrem Roman „Der Uhrmacher aus der Filigree Street“ einen wirklich ungewöhnlichen Roman geschrieben, auf den man sich einlassen muss. Obwohl ich etwas ganz Anderes erwartet habe und ich durchaus meine Anlaufschwierigkeiten hatte, mochte ich die angenehm erzählte durchaus etwas seltsam anmutende Geschichte, die sowohl in einem viktorianischen England als auch in Japan des 19. Jahrhunderts spielt. Sie vereint nicht nur magische und fantastische Bausteine, sondern auch Elemente die man möglicherweise dem Steampunk zuordnen kann, aber auch sowas wie ein Kriminalfall kommt darin vor.

"Für Mr. Steepleton. Er löste die Schleife und klappte die Schatulle auf. Ihr Scharnier war ein wenig steif, quietschte aber nicht. Im Innern lag eine Taschenuhr."

Natasha Pulley erzählt ihre Geschichte mit viel Ruhe, fast schon ein bisschen langatmig, dennoch muss man konzentriert bei der Sache sein, um alle Wendungen, Zusammenhänge und Zeitsprünge zu verstehen und einzuordnen. Vor allem muss man sich einlassen auf alles was da kommt, tut man es nicht, wird man an diesem Buch keine Freude haben. Es passiert viel zwischen den Zeilen und es dauert, bis ich angekommen und warm geworden bin mit der Story, aber auch mit den Protagonisten.

Ich mag, wie die Autorin die Genres miteinander vermischt. Ein bisschen Krimi mit historischen Zügen, eine zarte, feinfühlige Liebesgeschichte, zudem geht es aber auch um das selbstbestimmte Leben ohne gesellschaftliche Konventionen und über allem liegt ein leiser Hauch von Magie.

Ich mag die Atmosphäre, die Stimmung in diesem Buch und wie detailreich Pulley Orte und Schauplätze beschreibt. Keita Moris Laden in der Filigreee Street, mit all seinen mechanischen Wunderwerken hat mich fasziniert und in Gedanken stand ich mit offenem Mund und staunend vor all diesen Dingen.

"An der Wand neben ihm hing eine große Pendeluhr, die von den Beinen einer goldenen Heuschrecke angetrieben wurde...Überall glimmerte und klickte irgendetwas."

Für mich ist es schwer, die Protagonisten einzuordnen, zu beschreiben. Obwohl ich ihnen im Lauf der Geschichte nähergekommen bin und vor allem mit Thaniel eine durchaus sympathische und interessante Figur kreiert wurde, sind sie doch nicht richtig greifbar und manchmal nur schwer einzuordnen. Faszinierend fand ich vor allem die Figur des Uhrmachers. Lange bleibt sein Charakter undurchdringlich, fast schon verschlossen und ein bisschen zwielichtig. Es dauert, bis man seine Geschichte, die vor allem durch Rückblicke in die Vergangenheit beleuchtet wird, kennt.

Ein Buch mit einer Story, die nur schwer zu beschreiben ist ohne zu spoilern.

Ungewöhnlicher, facettenreicher Roman, der ganz viel zwischen den Zeilen erzählt und für den man Durchhaltevermögen beweisen muss, um am Ende in eine ganz besondere, fantasievolle Geschichte einzutauchen. Eine Leseempfehlung für alle, die einem Buch die Zeit geben möchten das es braucht, um wunderbar zu werden.

Verlag: Klett-Cotta
Erscheinungsdatum: 18.09.2021
Sprache: Deutsch
Ausgabe: Gebundenes Buch
Umfang: 448 Seiten


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