Kleine Feuer überall von Celeste Ng

Ein Blick hinter die Fassade einer scheinbaren Idylle – Interessante Familiengeschichte

In amerikanischen Shaker Heights ist die Welt scheinbar noch in Ordnung. Die Menschen die hier leben tun dies nach festgelegten Konventionen. Der Außenanstrich der Häuser ist ebenso geregelt wie das Alltagsleben und die Wahrung des äußerlichen Scheins. Familie Richardson lebt schon lange in Shaker Heights und ist ein engagierter Bestandteil dieser trauten Gesellschaft. Mr. Richardson ist Rechtsanwalt, Mrs. Richardson schreibt Kolumnen für die Lokalzeitung, die vier Kinder sind, bis auf die rebellische Izzy, wohlgeraten und anständig. Das beschauliche Familienidyll bekommt Risse, als in Mrs. Richardsons geerbtes Haus die neuen Mieter einziehen. Die Künstlerin Mia und ihre Tochter Pearl führen ein unkonventionelles Leben und sind der nach außen hin perfekten und wohltätigen Elena Richardson bald ein Dorn Auge. Sie beginnt, in Mias Vergangenheit herumzuschnüffeln nicht ahnend, welche Konsequenzen ihre Recherchen nach sich ziehen…

Celeste Ng schaffte mit ihrem ersten Roman „Was ich euch nicht erzählte“ den Sprung in die New York-Times Bestsellerliste. Mit ihrem aktuellen Buch „Kleine Feuer überall“ konnte sie ebenfalls wieder zahlreiche Leser begeistern. Auch mich konnte die Autorin, nach kleinen Startschwierigkeiten, mit dem Einblick hinter die Fassade einer scheinbaren Idylle, fast gänzlich überzeugen.

Celeste Ng beginnt ihre Geschichte mit einem brennenden Haus und einer verschwundenen Tochter, um dann rückblickend die Ereignisse zu erzählen, die zu dieser dramatischen Situation geführt haben.

Ruhig und für mich ein bisschen zu langatmig führt Ng den Leser in den Alltag und das Familienleben der Richardsons ein, die fest in dem amerikanischen Städtchen Shaker Heights verwurzelt sind und in dem Klatsch und Tratsch schon das Aufregendste ist. 

Lediglich die jüngste Tochter Izzy rebelliert gegen die Konventionen, gegen das zu wahrende Familienidyll und vor allem gegen ihre Mutter. Alles ändert sich, als die Fotografin und Künstlerin Mia mit ihrer Tochter Pearl nach Shaker Heights zieht und deren Leben sich extrem von dem der gut situierten Richardsons unterscheidet. Mia und Pearl kommen der Familie näher, als es der scheinbar wohltätigen Mrs. Richardson lieb ist.

Im Mittelpunkt der Story stehen die Diskrepanz zweier Familien und hier vor allem die Mutter-Tochter-Beziehungen, die aufgrund des sozialen Umfeldes, der Herkunft und der Vergangenheit der Mütter unterschiedlicher nicht sein könnten. Elena Richardson und Mia sind zwei Frauen, die ihren Alltag, zwischenmenschliche Probleme und schwierige Situationen auf völlig verschiedene Art und Weise angehen.

Die Charaktere in diesem Roman sind interessant und detailliert herausgearbeitet. Durch den Facettenreichtum der einzelnen Figuren wirken sie authentisch und lebensnah.

Celeste Ng hat einen angenehmen, leicht zu lesenden Schreibstil. Hat man sich durch die Längen im ersten Drittel des Buches hindurchgekämpft, erwartet den Leser ein spannendes und ineinander verwobenes Familiendrama mit interessanten und wechselnden Perspektiven, gespickt mit zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Konflikten.

„Kleine Feuer überall“ von Celeste Ng ist eine intelligent konstruierte Familiengeschichte, die einen Einblick hinter die Fassade einer scheinbaren Idylle gibt und ausgefeilte und authentische Charaktere beinhaltet. Hat man die leider etwas spannungsraubenden Längen überwunden, bietet der Roman fesselnde und tiefgründige Unterhaltung, die durchaus zum Nachdenken anregt. Ein lesenswertes Buch.

Buchtitel: Kleine Feuer überall

Autorin: Celeste Ng

Verlag: dtv Verlagsgesellschaft

Erscheinungsdatum: 20.04.2018

ISBN: 9783423281560

Sprache: Deutsch

Ausgabe: Fester Einband

Umfang: 384 Seiten